26. Dezember 2012

MEHR GÄSTE ALS STÜHLE - KEINE WEIHNACHTSGESCHICHTE

Nicht zum ersten Mal schlug er sich mit diesem Problem herum. Es gab mehr Gäste als Stühle. Zudem waren einige Stühle aus unterschiedlichen Gründen nicht zu gebrauchen. Es kam, wenn auch nicht zu lebensbedrohlichen, so doch zu gesundheitsgefährdenden Situationen. Ein junger Mann mit Bart verlor einen Schneidezahn. Seiner Begleiterin riss die Hosennaht am Hintern. Alle taten, als hätten sie nichts bemerkt. Dabei war das gar nicht möglich. Die junge Frau schrie wie am Spieß. Ihr Freund, - ja, vermutlich war es ihr Freund – versuchte sie zu beruhigen. Dabei klaffte deutlich sichtbar die Lücke in seinem Mund, sogar ein paar Tropfen Blut rannen ihm über Unterlippe und Kinn. Der Gastgeber war um Ruhe bemüht, doch die Stimmung wurde zunehmend aggressiver. Als die junge Frau verstummte, machten andere Anwesende sich bemerkbar. Einmal flog ein Stuhl durch den Raum, dem ein Bein fehlte. Als er gegen das Bücherregal krachte, zerbrach er in drei Teile. Eines der noch vorhandenen Beine traf eine der Serviererinnen an der Schläfe. Erneute Schreie, noch mehr Blut. Pochender Erguss. Stakkatospritzen. Ein blutjunger Mann fasste sich grinsend in den Schritt. Ein älterer Gast, dem schon lange kein Haar mehr nachwuchs, wollte die Verletzte trösten, doch mit einem scharfen Blitz in den Augen stieß sie ihn von sich. Der alte Mann schlug mit dem Rücken gegen den auf Volltouren aufgedrehten Heizkörper. Schon wieder hatte ein Stuhl gefehlt.

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