27. April 2010

GEISTIGES EIGENTUM (1)

Sportberichterstattung kam in diesen Kolonnen bislang eindeutig zu kurz (Sex und Erotik übrigens auch). Dabei begibt sich Capybara, von klein auf – einst auch als aktiver, wie das damals völlig unelegant hieß, Vorstopper – fußballvernarrt, nun schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert regelmäßig in „Grenz“-Situationen, um dort auf den billigen Stehplätzen, Wind, Wetter und steten Würstchendüften ausgeliefert, zu zittern, zu hoffen, zu bangen, zu jauchzen, zu flehen, zu tirilieren und zu toben. Ja, auch zu toben, obwohl man den für ihre Gutmütigkeit, zuweilen auch Trägheit bekannten Wasserschweinen solche Gefühlsausbrüche gar nicht zutrauen würde, nicht wahr?
Nun, gestern war mal wieder so ein Sonntag auf den immer bröckeliger werdenden Zuschauerrängen, ein überaus erfreulicher gar, weil Capybaras Lieblingsmannschaft zwar, wie so oft in dieser Saison, spielerische Klasse vermissen ließ, aber am Ende dennoch als Sieger vom Spielfeld trabte. Da ihr einziger Konkurrent um die Krone den Tag später am Abend mit einer Niederlage ausklingen ließ, darf sich Capybaras Leib- und Magentruppe nun berechtigte Hoffnungen auf einen neuerlichen Titelgewinn machen, nach viel zu vielen, viel zu langen Jahren ohne jegliches Erfolgserlebnis.
Doch aufgepasst! Noch sind drei wichtige und schwierige Spiele zu bestreiten. Noch weiß niemand, welch perfide Tricks sich der andere Meisterschaftsaspirant womöglich einfallen lassen wird, um auf die eine oder andere, womöglich nicht ganz koschere Weise weitere kostbare Punkte einzufahren. Die schlichte Masche mit der Rauferei im Kabinengang, dem anschließenden Spielabbruch und der prompten Zuweisung des Sieges werden die Konkurrenten gewiss nicht noch einmal wagen. Aber vielleicht tüfteln sie längst an anderen fiesen, kleinen Gemeinheiten, um Capybaras Team (welches der Wassereber übrigens am liebsten schwarz-weiß gestreift wie flotte Zebras auflaufen sieht) kurz vor dem Ziel doch noch abfangen zu können. In dem Fall muss sich C. in Zukunft wohl definitiv nach einer anderen, nerven-, herz- und gemütschonenderen Sonntagsnachmittagsbeschäftigung umsehen. Dann geht in diesen Kolonnen möglicherweise auch endlich häufiger von Sex und Erotik die Rede.
Übrigens: Heute ist der Tag des geistigen Eigentums.

© Georges Hausemer 26.4.2010

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