23. März 2013

KLATSCH UND TRATSCH AUS DER EINHEIMISCHEN BÜCHERWELT (4): MIT FROTZELN IST LEICHT PROTZELN

Esch, erneut im Schnee. Kollege Chigüire sieht sich gezwungen, sich wiederum in seinem Hoody zu verkriechen, sich mit großflächig ausgebreitetem Zeitungspapier vor der Kälte zu schützen und das Radio einzuschalten, damit das sodann aufblinkende Lämpchen der nächsten Umgebung etwas Wärme spendet.
So kommt es, dass der Feuilletonmann der nach wie vor viel zu selten gelesenen „Capybara Gazette“ soeben auf einen erstaunlichen Artikel über die luxemburgische Präsenz bzw. Nicht-Präsenz auf den diversen Buchmessen dieser Tage gestoßen ist. Gut gebrüllt, cher Gaston C.! Endlich einmal ein Kulturjournalist, der sich die Mühe machte, die diversen Parteien des seit Jahren anhaltenden Geplänkels zu kontaktieren und zu Wort kommen zu lassen, die Zahlen und sonstigen Fakten sauber auszubreiten und Tacheles zu reden. Beendet sind die mal substanziellen, mal lächerlich anmutenden Gefechte zwischen den Verlegern und dem zuständigen Ministerium dadurch zwar noch lange nicht. Aber zumindest ist eine auch noch für den dumpfsten Leser verständliche Zwischenbilanz gezogen. Nicht wenig in einer Situation, in der das Dialogieren auch künftig nicht einfacher zu werden droht.
Aus den Radiolautsprechern freilich, an die Kollege Chigüire vorhin sein eiskaltes Ohr schmiegte, dröhnten weit unsympathischere Töne. Nicht nur, dass die 100,7-Mitarbeiterin Sylvie F. besagte Nicht-Präsenz in einem süffisanten Nebensatz abkanzelte, ohne erhellenden Kommentar, ohne das geringste Bemühen, nach den Ursachen und Gründen für diesen und jenen Tatbestand zu suchen. Nein, es kam noch schlimmer. Schon seit geraumer Zeit ist es in nicht wenigen einheimischen Medien nämlich üblich, Autoren, Verleger und damit indirekt auch die Käufer von den ohnehin viel gescholtenen „Wanderführern“ und „Kochbüchern“ regelrecht zu verunglimpfen. So geschehen auch neulich wieder, im Merscher Haus der Literatur, wo der Verlag Op der Lay sein zwanzigjähriges Jubiläum feierte. Bei dieser, in besagter Radiosendung ausführlich dokumentierten Gelegenheit verstieg sich Gollo S., der Verlagsgründer, zu der gewagten und durch nichts zu beweisenden Behauptung, dass ohne die seit Jahren fließenden Zuschüsse des Fonds culturel national (Focuna) hierzulande schon lange keinerlei schöngeistigen Werke, sondern nur noch künstlerisch angeblich weitgehend wertlose Druckerzeugnisse rund ums Spaziergehen, Essen und Trinken herausgegeben würden. Für sein eigenes Öslinger Haus mag es ja stimmen, dass ohne die regelmäßigen Geldspritzen aus dem Staatssäckel der Bettel längst hingeschmissen worden wäre. Aber wie kommt Gollo S. dazu, diese recht einfältige Haltung auf andere Mitstreiter zu übertragen? Ich kenne etliche Verlage, die noch nie aus der Focuna-Quelle getränkt und beschenkt wurden, die dennoch seit Jahr und Tag Romane, Erzählungen, Kinderbücher, Fotobände etc. veröffentlichen, deren Qualität denen aus Gollos Werkstatt in nichts nachstehen, und die, eben weil sie keine Unterstützung von staatlicher Seite zu erwarten haben, mit publikumsträchtigen Best- und Longsellern ein anspruchsvolles literarisches Programm finanzieren. Was soll daran so schlimm, so verdammenswert sein?
Viel bedenklicher erscheint, dass in Sachen Buch- und Literaturpolitik hierzulande viel zu häufig „à la tête du client“ gehandelt, gefördert oder abgelehnt wird, ohne jegliche Transparenz, ohne Konzept, ohne Begründung und Rechtfertigung. Wann kommt der Tag, an dem der Focuna seine Konten öffentlich macht? Der Moment, an dem publik wird, welcher Verlag, welcher Autor, welcher Übersetzer, welche Vereinigung mit welchen Beträgen und mit welchen Zielen unterstützt wird?
Wie von wie immer bestens unterrichteten Klatschbasen und Tratschtanten – auch die CG, zumal diese Kolumne, kommt nicht ohne Informanten, Zuflüsterer und Agentenhilfe aus – zu erfahren war, wird der bislang gängigen Förderpraxis demnächst der Garaus gemacht werden. Muss dann damit gerechnet werden, dass bei Op der Lay & Co. endgültig die Lichter ausgehen? Oder dass auch die bisherigen Nutznießer der völlig undurchsichtigen Unterstützungsmethoden, wie ihre gewöhnlichen Mitbewerber, fortan auf eigene Mittel angewiesen sein und in Zukunft ebenfalls Reiseführer und Rezeptsammlungen auf den Markt werfen werden. Darauf darf man sich freuen. Dann wird endlich mit vergleichbaren Waffen gefochten, und niemand mehr muss ständig mit versteckten Fouls und sonstigen Nickeligkeiten von der Konkurrenz rechnen.


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